Südamerika 2022 – Brasilien
Dienstag, 10.01.2023 – Von Pelotas nach Porto Alegre (km 12785)
Irgendwie gibt es hier im Vila Santa Eulalia Hostel keine Frühaufsteher, auch nicht das Personal. Um acht Uhr sollte es eigentlich Frühstück geben, es ist aber außer mir noch niemand wach. Das Buffet ist hergerichtet, es fehlen nur die Lebensmittel. Aber die Kaffeemaschine steht schon da und ne Tüte Kaffee auch. Dann helfe ich mir halt selbst, mache Kaffee, packe meine sieben Sachen und verschwinde Viertel vor Neun.
Die heutige Tagesetappe ist mit etwa 300 km nicht so lang wie die von gestern. Trödeln will ich aber auch nicht, denn in Porto Alegre gibt es einen Yamaha Händler. Da will ich den 3. Ölwechsel machen lassen. Denn der ist schon 1500 km überfällig. Yamaha empfielt alle 3500 km das Öl und den Filter zu wechseln. Ich denke, alle 5000-6000 km sollte reichen. Die Autobahn BR-116 führt etwa 30 km entfernt an der Patos Lagune entlang bis nach Porto Alegre, das direkt an der Lagune liegt. Die Landschaft hat sich insofern geändert, daß man immer wieder mal kleinere, bewaldete Berge und Hügel sieht. Wären da nicht einzelne Palmen “gestreut”, so könnte man meinen, ein deutsches Mittelgebirge zu durchfahren.
Den Yamaha Händler finde ich schnell. Der ist gleich am Stadteingang. Mit der Verständigung wird es schwierig, da fast niemand spanisch oder englisch spricht. Aber die haben ein WLAN, in das ich mich einwählen kann. Und dann hilft, wie so oft, google translator weiter. Einen Ölfilter habe ich noch und einen halben Liter Öl. Das war übrig beim letzten Ölwechsel in Santiago de Chile. Also brauche ich nur noch einen Liter Öl. Der kostet 48 brasilianische Real. Das sind 8 Euro 72 Cent (1 Euro = 5,5 Real). Die Dienstleistung kostet erstaunlicherweise nichts. Das war mal ein günstiger Ölwechsel! Hierher sollte ich öfters kommen.
Brasilien ist, ähnlich wie Argentinien, recht günstig. Chile und vor allem Uruguay sind im Vergleich dazu recht teuer. Deren Preise sind mit den unsrigen in Deutschland zu vergleichen. Hier in Brasilien kostet der Liter Benzin etwa 1,20 Euro, in Argentinien nur 60 Cent. In Uruguay ist er mit 1,70 Euro am teuersten von Südamerika. In Chile kostet das Benzin fast genauso viel wie in Uruguay. Der einzige Grund nach Uruguay zu gehen, ist das ruhige, gechillte Leben dort.
Und hier noch ein dickes Plus für Brasilien: hier gibt es in allen Städten in vielen Restaurants Mittagsbuffet. So auch hier in Porto Alegre. Da bezahle ich 30 Real (5,50 Euro) und kann mich am Buffet “all you can eat” satt essen. Hauptspeise, Salatbuffet und Nachspeise. Und das Essen der Buffets schmeckt sehr gut – kein Vergleich zu dem Fast-Food, das ich die letzten Wochen verdrücken mußte.
Im Voraus gebucht habe ich hier ein Zimmer in der Unterkunft mit dem unaussprechlichen Namen “Casa Moinhos de Vento Vintage”, was immer das auf portugiesisch bedeutet. Bei der Ankunft stehe ich vor verschlossener Tür. Klingeln bringt nichts – es macht niemand auf. Den Vermieter anrufen kann ich auch nicht, denn ich habe keine SIM-karte für Brasilien. Irgendwann nach einer Stunde kommt eine gut gelaunte Frau mittleren Alters und schließt mir auf. Sie wohnt leider nicht hier. Wenigstens spricht sie etwas englisch. Die Unterkunft habe ich ausgewählt, weil auf dem Foto zu sehen war, daß man das Motorrad wohl im Innenhof abstellen kann – kann man auch, was den Platz angeht. SIE (die Vermieterin) will das aber nicht, auch nicht gegen Aufpreis. Das ist schlecht. Dann muß ich die Karre halt draußen abstellen. Auf dem Gehweg direkt vor der Einzäunung wäre praktisch. Das aber erlaubt die Polizei nicht. Da wird abgeschleppt, meint SIE. Also wird die Yamaha am Straßenrand geparkt und mit dem Drahtseil an einem kleinen Baum festgebunden – hoffentlich steht sie da morgen früh auch noch.
Am gegenüber liegenden Supermarkt kaufe ich noch Frühstück für morgen und marschiere dann mal die 2 km bis in die Innenstadt und die Uferpromenade der Patos Lagune. Mein Urteil über Porto Alegre ist schnell gefällt: es ist die bisher häßlichste Stadt der Reise, nicht nur wegen des schlechten, regnerischen Wetters heute. Daran können auch die echt schöne Markthalle und die Kirche nichts dran rütteln. Hier zu leben kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Sehr viele Obdachlose liegen hier herum und hausieren unter Brücken. Nachts würde ich hier keinen Fuß vor die Türe setzen. Und so bin ich auch eine Stunde vor Sonnenuntergang wieder im “Casa” mit dem unaussprechligen Namen.
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Mittwoch, 11.01.2023 - Weiter nach Florianopolis
Der vierte Fahrtag in Folge steht bevor. Und mit 450 km ein größerer. Das Ziel ist die Küstenstadt Florianopolis. Nur gut, daß ich dort zwei Nächte gebucht habe. Denn ich brauche dringend wieder einen Ruhetag. Sonst gehe ich noch am Stock.
Meine Vermieterin bestelle ich auf Viertel nach acht zur Schlüsselrückgabe. Das Motorrad steht glücklicherweise noch da, wo ich es gestern festgemacht habe. Und es hat auch keiner dran rumgefummelt. Die Vermieterin meint nur, es wäre besser gewesen die Satteltaschen auch zu demontieren und im Haus aufzubewahren. Es hätte ja jemand die aufschlitzen und etwas herausnehmen können. Ich muß mich zurückhalten, um nicht laut zu werden. Es wäre besser gewesen, das ganze Motorrad vor dem Haus zu parken, sage ich zu ihr, aber das wollte sie ja nicht - keine Antwort.
Aus Porto Alegre kommt man eigentlich schnell hinaus auf die Autobahn. Die ist hier sechsspurig, 3 in jede Richtung. Trotz der wenigen Fahrzeuge rollt der Verkehr nicht richtig. Das kommt daher, weil es hier wie in Uruguay sehr viele notorische Dauer-Links-Langsamfahrer gibt. Die schleichen mit 90 Sachen auf der Überholspur herum und machen keine Anstalten nach rechts oder wenigstens in die Mitte zu wechseln. Und rechts fahren nur sehr wenige LKW. Ich mache deshalb die Not zur Tugend und erkläre für mich die rechte Spur zur Überholspur. So viele Autos wie heute habe ich in meinem ganzen Leben nicht rechts überholt. Aber ich bin der einzige, der sich so verhält. Die Brasilianer machen das nicht.
Mit jeder Stunde, die ich nach Norden fahre, wird es wärmer. Das ist auf der Südhalbkugel genau umgedreht als bei uns - wir fahren in den warmen Süden. Die Landschaft ist noch schöner als gestern. An dicht bewaldeten Bergen, Seen und Lagunen führt die Strecke entlang. Nach zwei Tankstopps und knapp sechs Stunden Fahrt erreiche ich die Stadt Florianopolis auf der Insel Santa Catarina. Hinüber führt eine etwa ein Kilometer lange sechsspurige Brücke. Untergekommen bin ich hier im Hostel Berghaus https://www.hostelberghaus.com/ . Warum das Hostel einen deutschen Namen trägt, konnte ich leider nicht herausfinden. Denn meine Portugiesischkenntnisse sind praktisch gleich null. In spanisch hätte ich es fragen können. Das Hostel liegt, wie der Name schon sagt, an einem Berghang. Von der Terasse hat mann einen schönen Blick über die Stadt, die Brücke und auf das Festland. Und auch das Motorrad kann ich diebstahlsicher in der Tiefgarage abstellen. Ich bekomme sogar eine Fernbedienung für das Tor der Garage und für das Tor zur Straße - toll!
Florianopolis hinterlässt einen sehr viel sauberen und moderneren Eindruck als Porto Alegre. Gut, daß ich hier für zwei Tage reserviert habe und nicht in Porto Alegre.
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Donnerstag, 12.01.2023 - "Floripa"
An meinem freien Fahrtag heute werde ich mir mal "Floripa" anschauen, wie die Einheimischen ihre Stadt Forianopolis nennen. Die Stadt ist die Hauptstadt des brasilianischen Bundesstaats Santa Catarina. Fast die ganze Stadt liegt auf der vollständig zur Stadt gehörenden Insel Santa Catarina. Sie hat etwa eine halbe Million Einwohner und wurde 1726 von den Protugiesen gegründet.
Ganz ohne Motorrad geht es heute leider nicht. Denn ich will mir die Stadt und die Insel mal von oben anschauen. Das geht am besten vom Aussichtspunkt "Mirante do Morro da Cruz". Der liegt direkt hinter der Stadt hoch oben auf einem Berg, gleich neben den Mobilfunk-Sendemasten. Irgendwann habe ich mit dem Navi dann doch die Straße nach oben gefunden. Die ist am Ende sehr steil und führt in Serpentinen durch einen dichten Wald. Doch die Mühe lohnt sich, denn der Ausblick auf die Insel, die "weiße" Stadt und das Festland ist grandios. Man sollte unbedingt am Vormittag hierher kommen, wenn man die Sonne im Rücken hat. Dann ist die Aussicht am besten und man kann Postkartenbilder schießen.
Anschließend hatte ich eine kleine Rundfahrt in der 50 km großen Insel Santa Catarina geplant. Doch allzu viele Straßen über den Berg auf die anderen Seite gibt es nicht. Und die sind nur zweispurig. Den sehr großen Touristenstrom und den die damit verbundene Blechlawine hatte ich nicht eingeplant. Vorankommen ist manchmal nur im Schritttempo möglich. Und wegen des Gegenverkehrs und meiner breiten Satteltaschen kann ich nicht immer an der Kolonne weiterfahren.
Auf der anderen Inselseite sind zwei große Lagunen: die Lagoa de Dentro und die Ribeirao Joao Gualberto. Hier ist der Massentourismus zu Hause. Der trübt etwas den sehr guten Eindruck der Insel. Stundenlang im Schrittempo zu fahren, dazu habe ich nun wirklich keine Lust. Ich stelle das Moped ab und suche mir ein Restaurant mit Buffet. Frisch gestärkt trete ich wieder die Rückfahrt über den Berg zum Hostel Berghaus an.
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Freitag, 13.01.2023 - Und weiter nach Blumenau (km 13359)
Auf die heutige Etappe habe ich mich schon gefreut. Zum einen, da es nach Blumenau, in die deutscheste aller brasilianischen Städte geht, zum anderen, da es mit 150 km eine kurze Etappe wird. Florianopolis und die Insel Santa Catarina kann man auf der Stadtautobahn auch ganz zügig verlassen, nicht zuletzt wegen der achtspurigen Brücke zum Festland. Auch ohne Navi sollte man dann die zu fahrende Richtung finden. Prinzipiell geht es nur nach Süden Richtung Porto Alegre, wo ich vorgestern hergekommen bin, oder Richtung Norden nach Curitiba. Aber schon beim Verlassen von Florianopolis wird der anfangs noch fließende Verkehr zum Kollaps. Denn die vierspurige Autobahn ist dem großen Verkehrsaufkommen überhaupt nicht gewachsen und bricht aus allen Nähten. Sehr viele LKW und eine Blechlawine von Autos schiebt sich teilweise im Stop-and-go voran. Und bei jeder Zufahrt wird die Lage gefühlt schlimmer. Ich komme mmir vor wie auf der A6 in Deutschland. Kommt der Verkehr ganz zum Stillstand, dann muß ich mich mit dem Motorrad zwischen den beiden Fahrspuren durchzwängen, um nicht komplett zum Stillstand zu kommen. Das ist mit den breiten Satteltaschen natürlich nicht immer möglich. Dabei muß ich vor allem den Verkehr von hinten beachten, den Mopedverkehr nämlich. Denn die und einige Motorräder schießen immer wieder in höchstem Tempo durch die Mittelgasse. Das geht über 100 km weit bis nach Navegantes. Denn dort ist ein Autobahnkreuz und mein Weg führt mich weiter über 50 km nach Westen auf der BR-470 bis nach Blumenau. Und diese 50 km sind sehr entspannt zu fahren. Und so nimmt der Freitag, der 13. doch noch ein versöhnliches Fahrende für mich.
In Blumenau habeich das günstige Hotel Pousada Jardim buchen können, eine etwas ältere Herberge. Die ist zwar sauber, aber nicht besonders komfortabel. Das Bad, besser die Duschkabine mit WC wurde nachträglich ins Eck gestellt. Leider hat sie keine Klimaanlage und der eingebaute Ventilator funktioniert natürlich auch nicht. Wie schon in Florianopolis ist es in dieser Region Brasiliens immer Sommer sehr heiß und schwül. Nachmittags brauen sich immer wieder Gewitterwolken zusammen.
Blumenau wurde 1850 vom deutschen Einwanderer Hermann Blumenau gegründet. Wer hier ein idyllisches, deutsches Dorf sucht, der ist komplett falsch und wird eines besseren belehrt, denn Blumenau hat mittlerweile 300.000 Einwohner. Von den einst vielen Fachwerkhäusern sieht man nicht mehr viele im Stadtbild. Und die wurden erst sehr viel später nachrestauriert bzw. nur dekoriert. Und so bin ich doch mit etwas zu vielen guten Vorurteilen hierhergekommen, ins "deutsche Brasilien". Denn deutsch spricht hier niemand mehr. Die enge und kurvenreiche Straße mit den Fachwerkgebäuden hieß während der Kolonialzeit mal "Wurststraße", wurde aber später begradigt und umbenannt. Leider wurde 1999 das in den 20er Jaharen verlegte Kopfsteinpflaster gegen farbige Terrakottafliesen ausgetauscht und somit noch ein Teil des ursprünglichen, kolonialen Stils beiseite geschafft.
Die Krone des neokolonialen Umbaus aber stellt der Vergnügungspark "Vila Germanica" dar. Hier wurden zu touristischen Zwecken Häuser im deutschen Stil nachgebaut. In denen befinden sich viele Restaurants und Souvenirläden. Wer deutsche Gemütlichkeit, mitteleuropäisches Essen und deutsches Bier sucht, ist her genau richtig. Denn die Blumenauer brauen unzählige Sorten von Bier. Auch sind die Kellner(innen) in Lederhosen bzw. im Dirndl unterwegs, ohne jedoch ein Wort deutsch zu sprechen. Auch mit englisch oder spanisch kommt man nicht weit - leider! Aber das Rösti hat wie zu Hause geschmeckt und das frisch gezapfte Weizenbier auch. Selbst am Riesenrad und am Karusell fehlt es nicht. Und da hier zwar Sommer ist, in Europa dagegen Winter, ist die Einrichtung und die Deko komplett auf Winter getrimmt. In einer der drei großen Hallen kann man sogar Schlittschuh laufen und Glühwein trinken - in kurzen Hosen wohlgemerkt. In der hintersten Halle findet alljährlich das über 17 Tage laufende Oktoberfest statt. Das wurde wegen der benötigten Finanzmittel (Überschwemmung) 1984 ins Leben gerufen und erfreut sich höchster Beliebtheit. Das Fest ist nach mit 600.000 Besuchern mittlerweile nach dem Karneval von Rio, das zweitgrößte Volksfest Brasiliens.
Und nachdme es heute Abend doch noch einen sintflutartigen Wolkenbruch gibt, bin ich auch noch gezwungen, ein zweites Weizenbier zu trinken.
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Samstag, 14.01.2023 - Sommerfest in Pomerode (km 13428)
Für das Oktoberfest hier in Blumenau bin ich entweder zu spät oder viel zu früh dran. Aber gut, daß im benachbarten Pomerode grade ein Sommerfest stattfindet. Und ein Bekannter hat mir sowieso geraten, mir mal Pomerode anzuschauen. Das liegt nur 25 Kilometer nördlich von Blumenau und ist mit dem Motorrad in einer halben Stunde zu erreichen.
Hatte ich gestern mit Blumenau noch ein kleines, deutsches Städtchen erwartet und bin etwas enttäuscht worden, hier in Pomerode habe ich es gefunden: Vegrüßt wird man bei der Einfahrt schon von einem doppelten Stadttor, gefolt von einer deutsch-brasilianischen Flaggenparade. Und natürlich fährt man auf Kopfsteinpflaster durch die Straßen. Links und rechts immer wieder Hotels, Cafes und Boutiquen im deutschen Stil erbaut. Und natürlich befindet sich die Kirche mitten im Ort. Hier fühle ich mich schon viel heimischer als in der Großstadt Blumenau. Daß Pomerode 34.000 Einwohner hat, merkt man ihr nicht an.
Um das Jahr 1863 von pommerschen Siedlern gegründet, hat Pomerode heute mit etwa 92 Prozent der Stadtbevölkerung den größten Anteil deutschstämmiger Einwohner in Brasilien (Wiki).
Deutsch sprechen habe ich jedoch niemanden gehört, auch mit englisch und spanische komme ich nicht weit. Hier zählt halt nur portugiesisch.
Daß dieser Tage hier ein Volksfest deutscher Art stattfindet, hat mir meine Vermieterin erzählt. Wo genau das stattfindet konnte ich bislang jedoch nicht herausfinden. Und so fahre ich die halbe Stadt ab, bis ich an einem Vergnügungspark für Kinder ankomme. Das soll das Sommerfest sein? Der Park ist ähnlich wie Vila Germanica gestern im Disney-Stil auf deutsch getrimmt. Aber nach Volksfest sieht mir das nicht aus.
Enttäuscht fahre ich weiter, nicht um nach zwei Kilometern tatsächlich an einem großen Festkomplex mit mehreren Zelten und vielen Verkaufsbuden anzukommen - gesucht-gefunden! Und tatsächlich läuft hier alles nach demselben Strickmuster ab wie zu Hause in Deutschland. In einem Festzelt spielt Blasmusik zum Tanz auf und im Kultur-Festzelt kann man sich volkloristische Tanzvorführungen anschauen. Ein echt tolles Event hier. Selbstverständlich laufen die Bedienungen und auch viele Gäste in bayrischer Tracht umher. Und wer noch kein Dirndl oder keine Lederhose hat, der kann sich im Verkausmarkt in einer großen Halle gleich damit eindecken - wie praktisch. Etwas unschön hier ist, daß man sich erst eine Chipkarte kaufen muß, um an den einzelnen Ständen zu bezahlen. Und bis ich den Rückgabeort der Karte gefunden habe, ist auch gehörig Zeit vergangen.
Am frühen Nachmittag ziehen wie immer dieser Tage Wolken auf, die ziemlich schnell zu Gewitterwolken werden. Das mahnt mich zum Aufbruch. Gerade noch rechtzeitig komme ich im Hotel in Blumenau an. Denn gleich danach öffnet der Himmel seine Schleußen und es regnet in Strömen.
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Sonntag, 15.01.2023 - (Ver-)Fahrtag (km 13977)
Die ganze Nacht hat es durchgeregnet und es macht nicht den Anschein, daß es bessser wird. Die Wolken hängen tief morgens um halb sechs. Laut Regenradar soll es in einer Stunde vielleicht aufhören zu regnen. Trotzdem stehe ich auf und packe meine sieben Sachen zusammen. Ich muß weiter. notfalls halt im Regen fahren. Tatsächlich tröpfelt es um halb sieben bei der Abfahrt nur noch leicht.
Mein letztes, großes Ziel der Reise ist noch über 1000 km entfernt und heißt Rio de Janeiro. In drei Tagesetappen will ich dort sein. Die Fahrt führt mich eigentlich erstmal nach Norden zu Pomerode, wo ich gestern schon mal war. Aber das Navi lotst mich eine andere Strecke aus der Stadt und gibt alsbald den Geist auf - Akku leer! Der Stecker zum Ladegerät hat wohl nen Wackelkontakt. Und das Handy zum Navigieren will ich bei Regen nicht nehmen. Egal, ich kenne ja den Weg. Eine halbe Stunde später und 50 km weiter kommt mir alles etwas spanisch vor. ich halte an, ziehe das Handy aus der Tasche und schaue auf die Karte. Gleich nach Blumenau habe ich wohl einen Abzweig verpasst und bin Richtung Westen gefahren, anstatt Richtung Norden! Das ist mir in Argentinien schon mal passiert. Ohne funktionierdes Navi bist du aufgeschmissen. Wenigstens hat die Fahrt entlang des Rio Itajai- Acu Spaß gemacht. Denn die Landschaft mit den subtropisch bewachenen Bergwäldern ist atemberaubend. Da hätte ich besser vorgestern von Florianopolis kommend den Weg nach Westen, zur Stadt Alfredo Wagner genommen und dann nach Rio do Sul. Dann wäre ich genau hier herausgekommen.
Es hilft nichts. Ich muß umdrehen und die falschen 50 km wieder zurückfahren. Bis ich dann endlich in Pomerode ankomme, ist es acht Uhr. Über die SC-110 und die BR-280 bin ich gegen Mittag in Curitiba. Von hier aus kann man sich dann kaum noch verfahren, denn Sao Paulo ist ständig angeschrieben. Bis dahin geht die heutige Etappe jedoch nicht. Mein Tagesandziel ist die Stadt Registro an der Autobahn BR-116 und das Lito Palace Hotel .
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Montag, 16.01.2023 - Letztes großes Ziel erreicht: Rio de Janairo
Im Hotel hier haben die ein echt gutes Frühstück. Und das gibt's schon ab 06:30 Uhr. Das nehme ich in jedem Fall noch mit vor der sicherlich anstrengenden Etappe. Denn die führt über Sao Paulo Richtung Rio de Janeiro. Halb acht komme ich dann auch schon weg. Die Autobahn ist auch nur einen Steinwurf entfernt. Bis nach Sao Paulo sind es etwa 200 Kilometer. Die Fahrt führt wie die vergangenen Tage meist durch die vom Regenwald bewachsenen, saftgrünen Berge. Entsprechend ist die Strecke sehr kurvig mit kleinen Radien. Und oft genug auf 60 km/h beschräkt.
Den Akku des Navis habe ich letzte Nacht durchgeladen, sodaß es 1-2 Stunden auch ohne externe Stromversorgung durchhält. Denn die funktioniert durch den Wackelkontakt am Stecker nicht richtig. Deshalb schalte ich es auch erst 50 km vor Sao Paulo ein. Denn tatsächlich ist die Stadt mit Vororten so groß. Voriges Jahr als ich über Sao Paulo nach Paraguay geflogen bin, hat der Airbus 20 Minuten vom Start weg gebraucht, um die Stadt zu umkreisen. So schnell bin ich mit der XTZ 250 sicherlich nicht. Es gibt mehrere große Autobahnkreise um die Stadt. Ich hoffe, daß ich wenigstens einen von denen erwische. Aber wie es nur mir passieren kann, biege ich an der ersten großen Autobahnkreuzung falsch ab. Aber es waren halt auch drei Abbieger nach rechts. Und die konnte das ältere Navi nicht eindeutig darstellen. Wenig später hat es sich dann mit einem neuen Routenvorschlag gemeldet, dem ich auch folge. Zu meinem Ensetzen geht der direkt durch die Stadt. Und die ist ja soooooo grooooß. Das war eigentlich das letzte, das ich wollte - durch diese Megametropole zu fahren. Die Straßen sind dermaßen vollgestopft mit fahrendem Blech und Kreuzung an Kreuzung, Ampel an Ampel. Um etwas schneller voranzukommen, folge ich dem Beispiel der vielen Biker und Essenslieferanten. Denn die fahren auch mal auf der Busspur - wo kein Kläger, da kein Richter. Irgendwo habe ich mal gelesen, daß man in Sao Paulo keinesfalls an der Verkehrsampel anhalten soll, wegen möglicher Überfälle. Aber wenn die vor mir bei Rot anhalten, muß ich das halt auch tun. Wennimmer ich vorne war, die Ampel auf rot und kein Verkehr war, bin ich halt durchgefahren. Nach gut 1,5 Stunden lotst mich das Navi dann auf der anderen Seite der Stadt wieder auf die (verpasste) Autobahn. Und die führt 10-spurig aus dem Moloch von Stadt hinaus, um dem Verkehr gerecht zu werden. Das war mene bisher größte Feuerprobe von pulsierendem Stadtverkehr.
Da ich für die Fahrt von Blumenau nach Rio drei Tage eingeplant hatte, wäre 100 km nach Sao Paulo mein Tagesendziel erreicht. Ein Hotel hatte ich keines im Voraus gebucht, da ich nicht wußte, wie weit ich kommen würde. Und da es erst halb zwei am Nachmittag ist, beschließe ich, einfach weiterzufahren. Der Vermieter meiner Unterkunft in Rio hat auch signalisiert, daß mein Zimmer schon heute bezugsfertig ist - na dann auf nach Rio de Janeiro!
Die Autobahn BR-116 zwischen Sao Paulo und Rio ist, ähnlich wie die A6 in meiner Heimat, notorisch überfrequentiert. Wie zu Hause auch, sind die vielen LKW für den zähfließenden Verkehr verantwortlich. Da kommt es schon mal vor, daß bei einem Anstieg alle drei Fahrbahnen von den Brummis befahren werden: rechts ein ganz langsamer, neben dem könnte man herlaufen. Der in der Mitte ist nicht viel schneller. Und der auf der Überholspur gibt alles, um die beiden anderen hinter sich zu lassen - da kommst du nicht wirklich schnell voran.
Je länger die Fahrt dauert, desto kürzer werden meine Fahrabschnitte und desto länger meine Pausen. Langsam bekomme ich Kopfweh und gehe echt am Stock. Dazu kommt die große Hitze heute. Und regnen will es auch nicht. Sonst hätte ich abgebrochen und wäre erst morgen weitergefahren. Also Augen zu und durch.
Etwa 50 km vor Rio nimmt der Verkehr merklich zu und es wird gedrängelt was das Zeug hälte. Hier heißt es trotz großer Müdgkeit Obacht geben. Nur gut, daß die Autobahn von Sao Paulo fast direkt bis ins Zentrum führt. Und wenn man sich nicht verfährt wie heute Vormittag, kommt man auch schnell rein. Und auch das "Tiao Botelho Guest House" finde ich recht schnell. Wie so oft stehe ich vor verschlossener Tür und komme nicht rein. Irgendwann kommt jemand aus der Umzeunung des Gebäudekomplexes heraus und läßt mich rein. Wenig später taucht dann auch mein Vermieter Albert auf. Sein Haus ist, wie alle hier, steil an einen Berghang gebaut. Da muß ich erstmal viele Stufen das Gepäck nach oben schleppen.
Nach 625 gefahrenen Kilometer bin ich heute Abend fix und fertig. Das war zwar nicht die längste Fahrt der Tour, aber dafür die anstrengendste. Denn ich mußte durch den Moloch von Sao Paulo und von Rio de Janeiro. Das Motorrad kann ich um die Ecke in einem Parkhaus für stattlich 35 Real (6 Euro) pro Tag abstellen. Für heute Abend brauch ich nur noch etwas zu beißen und ein Bier - und dann ab in die Falle.
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Dienstag, 17.01.2023 - Cristo Redentor, Corcovado
Mein heutiges Ausflugsziel ist die Statue von Christus dem Erlöser, oben auf dem 710 Meter hohen Granitfelsen Corcovado. Corcovado bedeutet so etwas wie "bucklig". Und genau so sieht der Berg auch aus. Vorne steil abfallend hat er hinten einen Art flachen Buckel über den man hin kommt. Der Corcovado ist Teil des Tijuca Nationalparks.
Bis zum Parkeingang sind es etwa 12 Kilometer. Mit dem eigenen Moped will ich nicht hinfahren. Das bleibt bis zu meiner Abreise im Parkhaus stehen. Aber als Motorradfahrer nimmt man kein normales Taxi, sondern natürlich ein Motorradtaxi um dorthin zu kommen. Gleich um die Ecke ist praktischerweise auch ein Motorrad-Taxistand. Den Fahrer konnte ich noch auf 40 Real (ca. 7 Euro) herunterhandeln, mehr ging nicht. Kaum habe ich den Helm auf und sitze auf dem Sozi, schon geht die rasante Fahrt durch die Gassen von Rio schon los. Daß die in Brasilien wild fahren, habe ich schon mehrfach gesehen. Vor allem auch die vielen Essen-Lieferanten auf zwei Rädern. Eigentlich wollte ich die Fahrt von Anfang an filmen, aber das war unmöglich. Denn es geht auf Kopfsteinpflastern steile, enge Gassen und Wege nach oben. Ich habe alle Hände voll zu tun, mich auf dem Beifahrersitz festzuhalten. Etwas weiter oben wird es flacher und ich kann während der Fahrt meine Action-CAM herausziehen und ein paar Minuten mitfilmen. Die Wege, die mein Taxi fährt, hätte ich alleine nie gefunden. Die letzten vier Kilometer führt die Straße dann durch dichten Regenwald an den Berghängen der Favelas vorbei bis zum Parkplatz des Cristo. Von hier sind es nochmals anderthalb Kilometer bis zur Statue steil bergauf. Selbst kann man dorthin nicht fahren. Entweder mit dem Minibus, einer Zahnradbahn oder halt zu Fuß. Ich entscheide mich für zu Fuß. Denn ein schöner Pfad führt durch den Regenwald bis zur Spitze des Corcovado. Aufpassen muß man nur einmal. Dort wo der Weg die Schienen der Zahnradbahn kreuzt.
Schweißgebadet komme ich nach ner Dreiviertelstunde oben an. Die Schlange am Einlass ist lang. Aber an der Seite lassen sie durch ein Tor auch Leute rein. Und da steht fast niemand an. Kosten tuts mit 75 Real genauso viel, aber ich bin schneller drin. Noch ein paar Treppenstufen weiter oben und ich staune erstmal Bauklötze über die phänomenale Aussicht. Gesehen hat bestimmt jeder schon mal Bilder von hier oben über die Stadt Rio de Janeiro. Aber in Wirklichkeit hat das ne ganz andere Dimensiion. Da macht es auch nichts aus, daß man von der Menschenmenge hier oben fast erdrückt wird. Ich habe noch keinen Ort gesehen, an dem so viele Selfies oder Gruppenaufnahmen geschossen wurden. Man findet praktisch keinen Platz, um ein Bild von sich mit der Statue zu machen, ohne daß jemand anderes mit abgelichtet wird. Und will man ganz vorne an der Aussichtsplattform Bilder von der Weltklassekulisse machen, so muß man schon ein wenig warten.
Die Christus der Erlöser Statue wiegt 635 Tonnen, ist 30 Meter hoch und die ausgestreckten Arme messen 28 Meter. Sie wurde zwischen 1922 und 1931 gebaut vom brasilianischen Ingeneur Heitor da Silva Costa, zusammen mit dem französischen Ingeneur Paul Landowski. Natürlich gehört sie zu den "Neuen sieben Weltwunder".
Ich glaube, ich war bestimmt zwei Stunden dort oben und habe mir die Stadt und die Bucht angeschaut. Die Stadt Rio selbst h interlässt einen eher schmuddeligen und dreckigen Eindruck. Aber die Aussicht von hoch oben ist einfach atemberaubend schön. Tageszeitlich gesehen ist es besser am Nachmittag hieher zu kommen. Denn dann hat man die Sonne im Rücken. Es kann aber auch sein, daß es am Nachmittag zuzieht und Gewitter aufkommen.
Hochgekommen bin ich. Aber wie komme ich wieder zurück ins Zentrum? Mit zwei Österreichern miete ich ein oben wartendes, privates Taxi. Das fährt uns durch die kurvenreiche Strecke des Regenwaldes bis zur Stadt hinunter, aber halt nicht weiter. Die beiden Österreicher wohnen in der Nähe der Copacabana, ich in der anderen Richtung. Die beiden rufen sich ein Uber-Taxi. Das kann ich nicht, da ich keine SIM-Karte hier habe und damit auch kein Internet. Aber einer der beiden ruft mir auch ein Uber Taxi. Das erste kam schnell an und die beiden sind weg. Nur meins kam halt nicht. Dann marschiere ich halt mal los Richtung Innenstadt. Und schon nach 500 Meter ist ne Bushaltestelle. Und tatsächlich fährt ein Bus ins Zentrum. Für fünf Real (95 Cent) bin ich dabei - günstiger als Uber! Dafür dauert die Fahrt auch recht lang und den letzen Kilometer muß ich zu Fuß gehen.
Nur ein paar hundert Meter von meinem Hotel entfernt beginnt der Stadtteil Lapa. Dort gibt's viele Bars, Kneipen und Nachtclubs. Am Abend ist dort immer etwas geboten. Brasilianische Lifemusik hört man aus fast jedem Schuppen dröhnen und zu später Stunde tanzen die Leute hier, wie in Florianopolis auch, auf der Straße.
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Mittwoch, 18.01.2023 - Zuckerhut und Copacabana
Trotz eines kleinen Hangovers von voriger Nacht (der Caipirinha war gut gemixt), schaffe ich es um sieben Uhr zum Frühstück. Denn heute will ich auf den Zuckerhut hinauf. Und der liegt ganz am Ende der Guanabara Bucht. Das bedeutet wiederum, daß man vormittags die Sonne im Rücken hat und dann die Stadt am besten zu Gesicht bekommt. Bis zur Talstation der Seilbahn sind es neun Kilometer. Und wieder nehme ich ein Motorradtaxt, denn das hat gestern schon gut funktioniert. Heute wollen sie nur 30 Real von mir. Und in einer halben Stunde bin ich auch schon dort. Obwohl der Kartenverkauf um 8:15 Uhr noch nicht offen ist, warten schon eine Menge Leute auf den Einlass, so wie ich. Die Wasserverkäufer machen auch schon ein gutes Gescäft bei der Hitze. Aber einen Euro für ne Flasche kann man schon mal ausgeben. Punkt halb neun werden Eintrittskarten verkauft, aber es sind nur zwei Schalter geöffnet. Und so dauert es halt nochmal fast ne Dreiviertelstunde, bis ich endlich mein Ticket zum "Pao de Acucar" (Zuckerhut) habe. Man muß jedoch zwei Bahnen nehmen, um ganz hoch zu kommen. Die erste endet am Berg "Morro da Urca". Auch von hier aus hat man schon ne tolle Sicht auf die Stadt. Die ist jedoch vom Gipfel des Zuckerhuts noch grandioser. Von hier oben kann man den Cristo sehen und vor allem der Strand der Strände, die Copacabana liegt einem zu Füßen.
Der Name Zuckerhut stammt aus dem 16. Jahrhundert, als die Portugiesen den aus Zuckerrohr hergestellten Zucker in konischen Formen aufhäuften. Der Berg erstreckt sich auf 396 Meter Höhe und besteht aus einem Granitmonolithen.
Für etwa 150 Euro kann man hier oben einen achtminütigen Hubschrauberrundflug buchen. Ich glaube, vom Heli aus ist die Sicht auch nicht so viel besser. Auch hier oben verweile ich, wie gestern auf dem Cristo, ganze zwei Stunden. man kann sich an der Bucht, den Stränden und der Stadt einfach nicht satt sehen.
Wieder unten, will ich mein zweites Ziel heute erreichen: die Copacabana. Der Strand ist nur drei Kilometer entfernt. An der Touristeninfo sagt man mir, die Busse 518 und 519 fahren dorthin. Die Bushaltestelle habe ich ja noch gefunden, aber von den vielen haltenden Bussen hat keiner die Nummer 518 oder 519. Also marschiere ich halt die drei Kilometer zum Traumstrand hier, denn Taxi habe ich auch keins erwischt.
Den Fotoapperat und den Geldbeutel habe ich heute im Hotel zurück gelassen. Nur das Handy ist dabei und das nötige Bargeld. Denn an der Copacabana wird viel geklaut, wurde mir gesagt. Und was du nicht dabei hast, kann auch nicht gestohlen werden. Die Kohle ist eng am Mann in einem dünnen Bauchgurt deponiert und das Handy, wie immer, an die Kette gelegt.
Copacabana ist nicht nur einer der weltbekanntesten Strände, sondern auch Stadtteil von Rio. Der Strand selbst ist 4 km lang und etwa 100 Meter breit. Hinter dre sechsspurigen Beachroad, der Avenida Atlântica, reihen sich die Hotels auf. Der Strand ist wahrlich schön, ich habe aber schon sehr viel schönere in Thailand und auf den Philippinen gesehen. Denn Schatten sucht man hier vergebens. Die liefern höchstens ein paar wenige Palmen am Rand. Ansonsten bringt man halt seinen Sonnenschirm selbst mit. Das Gute ist, daß der Strand nicht zugepflastert ist mit Liegestühlen. Eine Vermietung habe ich nicht gesehen.
Zurück ins Zentrum am Spätnachmittag komme ich mit der Metro. Denn die gibts auch hier mit zwei Linien. Das Ticket kostet 6,5 Real (1,20 Euro), egal wie weit man fährt. Aber von der Haltestelle in der Innenstadt muß ich doch noch 1,5 Kilometer laufen, bis ich im Hotel bin.
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Donnerstag, 19.01.2023 - Maracanã
Der Name Maracanã wird für immer mit dem 13. Juli 2014 verbunden bleiben, als die Deutsche Fußballnationalmannschaft in diesem ehrwürdigen Stadion das WM-Finale gegen Argentinien mit 1:0 in der Verlängerung gewann.
Maracanã heißt aber nicht nur das Stadion, sondern der ganze Stadtteil von Rio, in dem es liegt. Hin kommt man praktischerweise mit der Metro. Die gibt es hier auch in Rio mit zwei Linien. Allerdings muß ich bis zur nächstgelegenen Metrostation 1,5 km zu Fuß gehen. Eine Fahrkarte im Scheckkartenformat kostet 6,5 Real, also ungefähr 1,20.- Euro. Das Stadion liegt gleich gegenüber der Metrostation, nur einen Steinwurf entfernt. Besichtigen kann man es eigentlich jeden Tag, nur halt nicht wenn Heimspiele von Flamengo sind. Und heute ist keines. Der Andrang morgens um halb zehn ist noch nicht sehr groß. Der Eintritt liegt mit 65 Real (12 Euro) auch im Rahmen. Ich mache die Führung auf Spanisch mit, weil nur Portugiesisch und Spanisch angeboten wird. Spanisch verstehe ich etwas, Portugiesisch nichts. Zuerst wird man durch das Museum geleitet, anschließend in die Spielerkabinen und dann geht es durch den Tunnel raus ins Stadion - tolles Erlebnis! Auch wenn keine 78.838 Zuschauern Lärm machen. Die Führung endet hier und man kann sich auf die Ersatzbank setzen oder in den abgesperrten Bereich der Haupttribüne. Ich suche mir einen schönen Platz und lasse das Stadion mal eine halbe Stunde auf mich wirken - immer die Gedanken an 2014 gerichtet und das Tor auf der rechten Seite, in welches Mario Götze in der 113. Minute nach Flanke von Schürrle den Ball versenkte. Ein Trikot von Götze habe ich leider keines dabei, dafür eines von Thomas Müller. Das kann ich jetzt endlich mal anziehen. Nach dem kläglichen Ausscheiden unseres DfB-Teams bei der WM in Quatar gab es keinen Anlaß dazu.
Eigentlich heißt das Stadion ja "Estádio Jornalista Mário Filho". Der Name Maracanã stammt aus dem Tupi-Guarani, aufgrund des Gesangs der dort lebenden Vögel die Laute wie eine Rassel von sich geben. Es wurde 1950 eröffnet und war Austragungsort der Eröffnungs- und Abschlusszeremonie der Olympischen Spiele 2016, die in der Stadt Rio de Janeiro stattfanden. Es war auch der Austragungsort für das Endspiel des Konföderationen-Pokals 2013 und der FIFA-Weltmeisterschaft 2014.
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Freitag, 20.01.2023 - Samba und Sambadrome
Heute ist das Wetter schlecht in Rio. Der Himmel ist wolkenverhangen und es regnet leicht. Da kannst du dir nicht sehr viel vornehmen. Als es am Spätvormittag zu regnen aufhört, laufe ich mal die anderthalb Kilometer rüber zum großen Sambadrome. Das ist die Arena, in der zu Karnevalszeiten die Umzüge stattfinden. An der Rezeption haben sie mir gestern gesagt, daß heute Abend dort eine Aufführung stattfinden soll.
Aber die Anlage ist komplett eingezäunt. Drinnen sind viele Arbeiter am Werk, den Aufbau für die Shows vorzubereiten. Einen Zugang finde ich nicht. An einem Kiosk redet eine jüngere Frau mit dem Verkäufter. Ich kann kein portugiesisch, aber soweit ich mitbekommen habe, sucht auch sie den Eingang. Also laufe ich ihr halt mal hinterher. Und tatsächlich gewährt man uns Einlass auf der gegüberliegenden Seite an einem Stahltor. Aber rein ins Stadion kommt man nicht. Langsam habe ich jetzt auch gechecket, was die Frau will: nämlich Eintrittskarten für eine der Karnevalshows. Und die kann man hier wohl tatsächlich bekommen. Das nützt mir jedoch nichts, denn bis Ende Februar bin ich nicht mehr hier. Und eine Show heute Abend findet hier auch nicht statt.
Dann ziehe ich halt wieder vondannen und sehe mir noch einen Teil des Zentrums an, in dem ich noch nicht war. Und weil es wieder zu regnen anfängt, sammeln sich die vielen Obdachlosen unter den wenigen Vordächern der Stadt. Rio de Janeiro hat halt doch zwei Gesichter: das weltklasse Gesicht von hoch oben über der Stadt mit Blick auf diesselbe und die große Bucht mit den Inseln. Und halt das dreckige Gesicht mit dem vielen Müll und Unrat sowie den Obdachlosen. Für den Müll gibt es keine Container. Der wird in Säcken an bestimmten Stellen am Straßenrand gesammelt. Und weil viele Menschen von Pfandflaschen und sonstigem wiederverwertbarem Material leben, werden die Müllsäcke halt aufgerissen und der Müll auf der Straße sortiert.
Eigentlich wollte ich heute mal früh ins Bett kommen. Und so war ich auch nur in meiner Stammkneipe schräg gegenüber des Hotels. Doch noch während des Abendessens ist eine Sambagruppe hereingeschneit, 25 Mann stark mit sämtlichen rythmischen Schlaginstrumenten sowie einer Musikbox für den Sänger. Die Stimmung wurde von Stunde zu Stunde besser. Irgendwann hat dann das ganze Lokal Samba getanzt. Wenn ich nur etwas protugiesisch gekonnt hätte, hätte ich sehr viele neue Freunde. Kennengelernt habe ich nur ein italienisches Paar, die sich hier in Rio wieder getroffen haben. Denn er ist mit zwei anderen Jungs von Italien über die Kapverden nach Brasilien gesegelt. Und dieses Jahr im September soll es über die Karibik und den Golfstrom zurück nach Europa gehen.
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Samstag, 21.01.2023 - Zurück an die Copacabana
Jetzt war ich fünf Tage im Zentrum von Rio. Aber das Meer habe ich immer noch nicht richtig gesehen. Und einer der bekanntesten Strände liegt praktisch vor der Tür. Auschecken muß ich sowieso hier im Hotel Monte Alegre. Denn das ist am Wochenende ausgebucht. Deshalb habe ich schon gestern eine neue Bleibe gesucht und gefunden. Über booking war nichts passendes zu finden. Aber wieder mal über AirBnB. Meine Vermieterin heißt Luciane. Sie wohnt nur etwa 500 Meter vom Strand entfernt und vermietet mir ein Zimmer.
Vom Zentrum zur Copacabana sind es etwa zehn Kilometer zu fahren. Die sind aber auf der Stadtautobahn schnell zu beältigen. Auch den Strand Copacabana findet man leicht: immer in Richtung Zuckerhut fahren und kurz vorher rechts abbiegen. Für meine Yamaha hat Luciane auch schon einen Abstellplatz ausfindig gemacht. Nur ein Block weiter kann ich es auf der Straße stehen lassen. Die ist mit einem Wächter und Schlagbaum 24 Stunden bewacht bzw. abgeriegelt. Da kommt hoffentlich nichts weg.
Viel unternommen habe ich heute nicht. Aber am Strand für ein Feierabendbier war ich schon. Und zu späterer Stunden nochmals. Denn dort ist immer was los.
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Sonntag, 22.01.2023 - Der Karneval in Rio hat begonnen
Heute ist mal wieder Sport angesagt. Denn gleich um die Ecke, hinter dem Ipamena Strand liegt die Lagune "Rodrigo de Freitas". Ringsherum verläuft ein acht Kilometer langer Freizeitweg. Bestens dazu geeignet mal wieder Laufen zu gehen. Auf der Hälfte der Strecke hat man immer den im Morgenlicht der Sonne angestrahlten Corcovado im Blick. Schon allein dafür lohnt es sich früh aufzustehen.
Nachdem ich jetzt endlich in Strandnähe wohne, kann ich mich auch mal in die Fluten werfen. Denn am total überfüllten Strand kannst du nichts liegen lassen. Das ist nach ein paar Minuten weg. Also lasse ich auch das Handy in der Wohnung, nehme nur den Hausschlüssel mit und stecke den mit ein paar wasserdicht verpackten Geldscheinen in die Badehose. Am Strand suche ich mir eine Platz der nicht so ganz überbevölkert ist und lasse die Flip-Flops und das T-Shirt bei einer Gruppe von Brasilianerinnen liegen, die darauf aufpassen - nur so funktioniert das Baden, wenn du alleine unterwegs bist. Die paar Geldscheine brauche ich natürlich für zwei Glas Bier an einem der vielen Strandlokale. Überhaupt ist auffällig, daß selbst hier an der Copacabana die Preise sich sehr in Grenzen halten. Für ein 0,3 l Faßbier zahlt man ca. 1,50 Euro und für ein Essen 8-12 Euro. Da ist selbst jede Eckkneipe in Deutschland teurer.
Das Highlight des heutigen Tages aber, findet am Abend statt. Denn in der Vorkarnevalszeit finden immer wieder Aufführungen und Proben von Sambaschulen im Sambodrom, also der Karnevalsarena, statt. Dorthin komme ich von hier am besten mit der Metro. Denn am Sambodrom ist auch ne Station. Die hat allerdings nur offen, wenn ein Event stattfindet, wie z. B. heute. Zuvor jedoch mache ich nochmals einen Stop im Zentrum von Rio, also wo ich die letzten Tage war. Dort habe ich doch glatt vergessen die weltbekannte Treppe "Escandaria Selaron"
zu besuchen. Ich war halt schlecht vorbereitet auf den Besuch hier. Aber egal, ich finde die Treppe recht schnell. Sie befindet sich im Künstlerviertel Santa Teresa. Dieses Viertel liegt auf einem Hügel über der Stadt. Sämtliche Straßen sind kopfsteingepflastert. Santa Teresa versprüht einen großartigen Charme längst vergangener Zeiten. Und auf diesen Hügel hinauf führt die steile Treppe Escandaria Selaron. Die Treppe ist das Lebenswerk des chilenischen Künstlers Jorge Selaron. Er verzierte in den 80er Jahren die 215 Stufen mit mehr als 2000 farbigen Fliesen aus 60 Ländern. Die Treppe ist das größte bildhauerische Werk eines einzelnen Künstlers. Finden tut man sie leicht: einfach nur der Touristenmasse hinterherlaufen.
Wieder unten angekommen, höre ich Sambatrommeln in der Nähe. Da muß ich doch mal nachschauen, was da los ist. Und tatsächlich hat sich schon eine beträchtliche Menschenmenge vor dem großen Platz des Doppelviadukts "Arcos da Lapa" am Rand des Stadtteils Lapa versammelt. Grund ist eine größere Sambatruppe mit Trommlern und Tänzerinnen, die hier eine Vorstellung zum Besten geben. Ein sehr schönes Event in toller Kulisse.
Um 19 Uhr geht's dann weiter mit der Metro zum Sambodrom. Die ist aber schon so gefüllt, daß man kaum mehr hineinkommt. Jeder will sich den Karnevalevent ansehen. Ich stehe neben zwei Brasilianer in meinem Alter. Mit dem einen komme ich schnell ins Gespräch, denn der kann etwas englisch. Da ich ortsunkundig bin, nehmen mich die beiden mit. Die gute Nachricht ist, daß die Aufführungen der beiden Sambaschulen heute hier in der Arena komplett frei sind, man also keinen Eintritt bezahlen muß. Von Sektor 4 sieht man sehr gut, meint der "Englische", dessen Namen ich mir nicht merken konnte, der beiden. Ich folge einfach nach. Sie treffen sich hier mit weiteren Freunden. Hoch oben auf der Tribüne hat man tatsächlich eine grandiose Übersicht über die 700 Meter lange Gerade. Er fasst etwa 90.000 Zuschauer und wurde 1983/84 gebaut. Jedes Jahr an Karneval findet hier der Wettbewerb der vielen Sambaschulen von Rio statt. Und heute proben zwei von denen hier. Natürlich noch nicht in Originalkostümen, denn die sind bis zum Umzug geheim. Eine dieser Schulen besteht bestimmt aus 500-1000 Leuten! Verschiedene Tanz- und Fußgruppen laufen vorweg. Gefolgt von der großen Sambakapelle und einem Beschallungs-LKW. Und der macht richtig laute Musik. Dahinter weitere Tanz- und Fußgruppen. Die Vorführung einer Gruppe erstreckt sich über die ganzen 700 Meter der Arena. Die Stimmung der Veranstaltung ähnelt schon der in einem Fußballstadion, nur noch lauter und enthusiastischer. Schräg gegenüber ist wohl der "Fanblock" angesiedelt. Denn dort werden übergroße Fahnen geschwungen und auch immer wieder mal gelbe und blaue Bengalos abgefackelt. Die ganze Show dauert von 20:30 - 23:00 Uhr.
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Montag, 23.01.2023 - Copacabana & Ipanema Beach (km 14595)
Für heute an meinem letzten Tag hier in Rio habe ich mir nicht viel vorgenommen. Außer, daß ich unbedingt mal mit dem Motorrad die 4 Kilometer der Copacabana Beachroad abfahre - das MUSS sein. Und anschließend gleich weiter zum nächsten Strand, dem Ipanema. Und in die Fluten springen wollte ich eigentlich auch nochmals. Aber am frühen Nachmittag zieht der Himmel zu und es kommt ein kräftiges Gewitter mit Blitz und Donner auf. Und das hält sich bis in die Nacht. Dann war's das halt mit Baden hier.
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Dienstag, 24.01.2023 - Rainy Days (km 14796)
Das Regenradar hat für heute Vormittag eigentlich keine Nässe vorhergesagt. Und auch bei meiner Abfahrt um halb zehn in Rio ist es noch trocken. Und weil das Navi mal wieder funktioniert, komme ich auch relativ schnell aus der Megametropole Rio de Janeiro hinaus. Von hier aus will ich wieder Richtung Paraguay fahren, wo die Tour für dieses Jahr beendet wird. In Rio haben die echt gute Stadtautobahnen dort platziert, wo man sie auch braucht. Mein Ziel ist die 60 km nördlich gelegene Stadt Petropolis. Die soll auch eine historische Altstadt mit älteren Fachwerkhäusern haben. Das haben mir die beiden Österreicher gesagt, mit denen ich vom Corcovado heruntergefahren bin. Und beim "Casa do Alemao" soll ich unbedingt anhalten. Das ist eine Wirtschaft, die wohl einem Deutschen gehört.
Petropolis liegt in den Bergen hinter Rio. Die holprige Autobahn führt in vielen engen Kurven durch den Regenwald immer bergauf. Leider ist der Himmel wolkenverhangen. Bei Sonnenschein wäre die Gegen noch schöner. Schnell voran kommt man nicht, denn die Sattelschlepper sind so lang, daß sie in den Kurven beide Fahrbahnen benötigen. Den Casa do Alemao kann man nicht verfehlen. Denn der ist gleich am Stadteingang rechts. Es ist eine Wirtschaft mit Bäckerei im deutschen Stil - nur, wie auch in Blumenau und Pomerode schon, es spricht niemand deutsch. Aber ein Kaffee mit Apfelstrudel muß dann doch sein - und schmeckt wie zu Hause!
Als ich wieder losfahren will, fängt es an stark zu regnen. Ich komme grade noch unter eine Tankstelle, um Schutz zu suchen. Bis es endlich wieder aufhört ist eine Stunde vergangen. Aber von Sonne weiterhin keine Spur. Das Zentrum von Petropolis ist eigentlich ganz nett. Aber ich bleibe im Stadtverkehr stecken. Und bei dem Wetter habe ich keine Lust auf einen Stadtbummel. Also suche ich wieder den Weg zur Autobahn. Zwischen Sao Paulo und Rio müssen Motorräder keine Maut bezahlen. Hier an der "Bergautobahn" schon. 6,30.- Real pro Einheit, also etwa pro 50 km. Je weiter die Fahrt in die Berge geht, desto schlechter wird das Wetter. Als es in Strömen gießt, fahre ich ab und suche Schutz unter einem großen Dach einer LKW Spedition. Der Regen nist so heftig, daß sogar die Straßen überflutet werden. Und so verbringe ich eine weiter Stunde, bis aus den schwarzen Wolken graue Wolken werden und der Regen allmählich nachlässt. Ich glaube, mit Sonne wird das heute nichts mehr. Denn an der nächsten Mautstelle warten nicht nur die nächsten 6,30.- Real Autobahngebühr, sondern auch der nächste Wolkenbruch. Grade rechtzeitig kann ich unter einer Brücke halten. Und wieder vergeht eine Stunde mit Warten. In dem Tempo brauche ich drei Wochen bis Paraguay. Nur gut, daß ich keine Unterkunft im voraus reserviert habe.
Bis zur nächsten größeren Stadt, Juiz de Fora, sind es nur noch 25 Kilometer. Halb fünf am Nachmittag ist es auch schon und der Wettergott steht immer noch auf Regen. Als es fast aufgehört hat, verlasse ich "meine" Brücke und fahre weiter nach Juiz. Nach ein wenig Herumfahren und Suchen bin ich dort letztlich im Hotel MAXIM gestrandet. Nicht ganz günstig, aber mit Tiefgarage und Frühstück.
Und natürlich hat es am Abend wieder angefangen zu Schütten. Jetzt weiß ich auch, warum der Wald hier Regenwald heißt. Hoffentlich wird es morgen besser und meine Schuhe und Socken über Nacht wieder trocken.
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Mittwoch, 25.01.2023 - Die Geburtstagsfahrt (km 15166)
Heute meint der Wettergott es gut mit mir. Denn just zu meinem Geburtstag hat er alle Wolken mitsamt dem Regen vertrieben und mir, um es vorweg zu nehmen, einen Sonnentag geschenkt. Da lässt es sich doch gleich ganz anders wegfahren. Nicht aber, ohne das gute Frühstück im Hotel. Auch eine Tankstelle ist nur 100 Meter vom Hotel entfernt. Juiz de Fora ist nicht gerade übergroß, sodaß man die Stadt recht schnell hinter sich lassen kann. Die Fahrt führt immer Richtung Westen, immer in Richtung der Großstadt Caxambu. Die ist in etwa 200 Kilometer entfernt. Hin kommt man über eine zweispurige, gut asphaltierte Schnellstraße. Die windet sich in vielen langgezogenen Kurven durch eine malerische, saftgrüne Berglandschaft. Viel Verkehr ist nicht hier und so kann ich die Landschaft in vollen Zügen genießen. Ebenso wie die sanft geschwungenen Kurven der BR-267. Und bei erträglichen 25 Grad Celsius muß ich auch weder schwitzen noch frieren. So stellt man sich das Motorradfahren vor.
Um halb eins bin ich dann auch schon in Caxambu angekommen. Gleich an der Hauptstraße neben einer Tankstelle finde ich eines der vielen Restaurants, die dieses brasilianische Mittagsbuffet anbieten. Für "all you can eat" mit einer Coke bezahle ich grade mal 40 Real, also etwa 7,30 Euro. Und der Kellner kommt immer wieder mal vorbei und bringt frisch gegrilltes Fleich. Leider habe ich noch ein Stück heute Nachmittag zu fahren und kann mir deshalb den Bauch nicht vollschlagen. Sonst würde ich auf der Karre noch einschlafen. Die sollten das lieber mal abends anbieten und nicht über Mittag.
Und weiter geht die Fahrt Richtung Westen bis nach Campanha. Allerdings lassen die Straßenverhältnisse hier etwas zu Wünschen übrig. Denn immer wieder mal sind sehr tiefe Löcher in der Fahrbahn. Und bei wechselnden Lichtverhältnissen sieht man die nicht immer. In Campanha biege ich auf die Autobahn BR-381 ein. Von hier geht es in Richtung Sao Paulo. So weit will ich jedoch nicht fahren. Denn dieses Verkehrsmoloch gebe ich mir kein zweites Mal. 80 Kilometer weiter habe ich dann mein Tagesendziel, die Stadt Pouso Alegre, erreicht. Aber auch die BR-381 ist löchrig wie ein schweizer Käse. Da ist immer Obacht gegeben, nicht nur auf den Verkehr, sondern auch auf die Löcher.
Mit was man in Brasilien auf den Autobahnen rechnen muß sind zum einen Fußgängerüberwege und teilweise auch Ampeln. Das habe ich so noch nie gesehen. Überhaupt sprinten immer wieder mal Fußgänger über die Fahrbahn.
Pouso Alegre hat 160.000 Einwohner und ist völlig unspektakulär. In solchen Städten findet man noch Hotels mit sehr gutem Preis-/Leistungsverhältnis. Für 20 Euro bekomme ich im Hotel Ze Maria ein gutes Zimmer mit Tiefgaragenstellplatz und Frühstück.
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Donnerstag, 26. Januar 2023 - Über Sock und Stein nach Ourinho (km 15685)
Auch heute lacht mir die Sonne entgegen nach dem Aufstehen. wieder beste Voraussetzungen für einen angenehmen Fahrtag. Von Pouso Alegre geht es, wie gestern, immer westwärts. Über Mogi Mirim nach Limeira. Die Landschaft hat sich nicht geändert und alles deutet auf einen weiteren, stressfreien Tag hin. Aber leider ist das Verkehrsaufkommen auf der Überlandstraße MG-290 sehr hoch. Vor allem von LKW ist die Straße stark frequentiert. Das macht ein schnelles Vorankommen unmöglich. Und in Kolonne zu fahren macht nun wirklich keinen Spaß. Also muß ich immer wieder mal eine solche Stück für Stück hinter mir lassen und mich dazwischendraengen. Fast so, wie in Indonesien. Hinzu kommen die schlechter werdenden Straßenverhältnisse. Denn die MG-290 sieht so aus, als wäre sie tatsächlich von einem Maschinengewehr maltretiert worden. Die meisten Loecher sind zwar geflickt, aber halt bei weitem nicht alle. Immer wieder tut sich vor mir ein angrundtiefes Schwarzes Loch auf, in das ich keinesfalls hineinfahren will. Hat es dich erwischt, gibt es analog des schwarzen Lochs im Weltall kein Entrinnen mehr und du stürzt unweigerlich. Und in der Kolonne siehst du die Dinger oft zu spät. Manche der Löcher sind so tief, daß man darin Fallschirm springen könnte.
Kurz vor Mogi Mirim sehe ich eine Fatamorgana vor mir: das wird doch nicht eine frisch asphaltierte Straße sein? Doch! Das ewige Slalomfahren um die Schwarzen Löcher hat ein Ende. Und ich kann endlich mal durchatmen. Wenig später erreiche ich die Stadt Piracicaba. Und gleich neben einer Tankstelle befindet sich ein Restaurant mit Mittagsbuffet. Da ist sofort anhalten angesagt. Denn die Schlaglöcher müssen nicht nur körperlich, sondern auch geistig verdaut werden.
Über Sao Pedro und dem Stausee des Rio Tiete ist das Tagesziel eigentlich Sao Manuel. Doch dort angekommen muß ich feststellen, daß es einerseits nur ein Hotel dort gibt und es andererseits zeitlich erst am frühen Nachmittag ist. Die nächste brauchbare Stadt zum Übernachten liegt weitere 170 km entfernt und heißt Ourinhos. Das sollte eigentlich locker noch zu schaffen sein. Doch die 50 km bis zum Autobahnzubrimger sind wieder Kolonnenverkehr mit sehr vielen LKW. Und immer wenn ich eine Kolonne mit halsbrecherischer Fahrweise himter mir gelassen habe, kommt wieder eine blöde Mautstelle. D. h. ich muß anhalten und bezahlen, aber die LKW fahren durch, da sie automatisch angerechnet werden. Und das wegen 50 Cent Gebühren. Die werfen mich wieder um 10 Startplätze an der Mautstation zurück.
Gegen 18 Uhr erreiche ich dann endlich Ourinhis. Das erste angefahre Hotel ist leider voll, mein Favorit. Aber im Ouro Hotel habe ich Glück. Die haben noch ein Zimmer für mich.
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Freitag, 27. Januar 2023 - Kolonne->Kolonne->Kolonne (km 16203)
Heute war mit 518 km wieder ein sehr fahrintensiver Tag. Die Fahrt führte von Ourinho über Londrina, Maringa und Campo Mourao nach Cascavel. Die Landschaft ist weiterhin grün, grüner geht's nicht. Aber nicht mehr so spektakulär wie die vergangenen Tage. Es fehlen die Berge am Horizont. Das Gelände ist eher flach mit Flußtälern durchsetzt. Dafür sind die Straßenverhältnisse besser: keine Löcher weit und breit. Meist führt die Fahrt in Richtung Südwesten auf zweispurigen Überlandstraßen, seltener auf Autobahnen. Hier wird sehr viel Landwirtschaft betrieben. Vor allem sieht man Zuckerrohrfelder, so weit das Auge reicht. Und die Überlandstraßen sind sehr stark vom Schwerlastverkehr "heimgesucht". Sprich, sehr viele LKW tummeln sich in beiden Richtungen. Und viele davon fahren schwerbeladen mit niedriger Geschwindigkeit durch die Gegend. Dahinter bilden sich natürlich Autokolonnen. Und weil die Strecke meist sehr kurvig und unübersichtlich ist, wird das Überholen zum Problem. Waren in den vergangenen Tagen noch Überholspuren an den Steigungen der Überlandstraßen, so fehlen diese heute. Ein schnelles Vorankommen ist praktisch unmöglich. Jetzt machen sich die fehlenden 10 PS meiner Yamaha bemerkbar. Denn ich kann nicht immer mal schnell ausscheren, ein oder zwei Fahrzeuge überholen und dann wieder einscheren. Da muß ich manchmal beim Überholen Kopf und Kragen riskieren um überhaupt vorwärts zu kommen. Und wenn mir die Kolonne zu lang und zu schwierig erscheint, oder einfach nur auf den Geist geht, dann halte ich an einer der vielen Tankstellen, setze mich ins klimatisierte Bistro und mache Pause - lass sie doch fahren ...
Was ich heute wieder mal gesehen habe und kaum glauben konnte, sind die Zebrastreifen über Autobahnen. Da sind doch Unfälle vorprogrammiert!
Und meist befindet sich gleich neben den Tankstellen ein Restaurant mit dem leckeren brasilianischen Buffet - so auch heute.
Gegen 18 Uhr komme ich dann endlich an meinem tagsüber weiter gesteckten Ziel, der Stadt Cascavel, an. Und mit dem Jardim do Lago finde ich auch schnell eine passende Unterkunft.
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Samstag, 28. Januar 2023 - Letzte Etappe in Brasilien
Die letzte Etappe in Brasilien soll eine kurze werden. Denn von Cascavel bis Foz do Iguacu, der Grenzstadt nach Paraguay, sind es nur 150 km. Trotzdem stehe ich um 6:30 Uhr auf und nehme das Frühstück um 7 Uhr ein. Deshalb, da ich am Vormittag noch in Foz bei meinem Yamaha Händler vorbei schauen will. Und der macht um 12 Uhr zu.
Aus der Stadt komme ich gut hinaus. Nur ist die Überlandstraße nach Foz zunächst nur 2-spurig. Also ist wieder, wie die vergangenen Tage, ein Kampf mit den LKW- Kolonnen angesagt.
Nach halber Strecke wird die Straße dann vierspurig und der Verkehr entspannt sich.
Nach einer Kaffeepause stehe ich dann gegen 10 Uhr auf der Matte bei Yamaha in Foz. Die Leute kennen mich noch und Rudies, der Werkstattchef, ist an meinen Erlebnissen interessiert. Ich nutze die Gelegenheit und lasse die Leerlaufdrehzahl einstellen. Denn seit ein paar Wochen gimg die Karre im Leerlauf immer wieder aus. Einen Luftfilter und einen Ölfilter nehme ich auch noch mit.
Und weil ich es nicht eilig nach Paraguay habe, bleibe ich noch ne Nacht hier in Brasilien. Mein Hotel hier wird das Pousada Murilo centro im Zentrum.
Lange habe ich mir überlegt, ob ich heute Nachmittag nochmals zu den Iguacu-Wasserfällen rausfahren soll. Diese größten Wasserfälle der Welt, liegen nur etwa 30 km von Foz do Iguacu entfernt am gleichnamigen Fluß, der Brasilien und Argentinien trennt. Aber ich war erst im Dezember 2021 dort - und es war sehr beeindrucken. Ich verschiebe das Vorhaben auf nächstes Jahr.
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Sonntag, 29. Januar 2023 - Wieder zurück nach Paraguay
Heute will ich den Sprung wieder zurück in meine zweite Heimat, Paraguay, schaffen. Die Grenzstadt Ciudad del Este (CDE) in Paraguay wäre eigentlich mit Foz do Iguacu zusammengewachsen, wäre da nicht der Rio Parana. Denn der trennt Brasilien und Paraguay. Über den Fluß führt eine vierspurige Brücke.
Was ich nicht bedacht hatte ist, daß an dieser Grenze ein großes Verkehrs- und Fußgängeraufkommen herrscht. Heute am Sonntag nicht mal unbedingt so viel. Denn die allermeisten Läden der zollfreien Zone in CDE sind geschlossen. Viele Brasilianer und auch Argentinier kommen über den kleinen Grenzverkehr hierher zum günstigen Einkaufen, hauptsächlich von Elektronikartikeln. An der brasilianischen Immigration muß ich nur 20 Minuten warten und bin in einer Minute abgefertigt. Pass vorlegen, Stempel rein, ich wieder raus aus Brasilien. Das Motorrad interessiert die Brasilianer komischerweise nicht. Auch beim Eintritt von Uruguay her kommend habe ich keinen Zettel für das Fahrzeug bekommen.
Anschließend geht es im Stop-and-Go über die Brücke nach Paraguay. Dort ist die Schlange der Einreisenden etwas länger. Einreise daurt halt doch länger als Ausreise. Es sind auch nur zwei Schalter geöffnet. Außen an der Tür hängt auch noch ein Zettel wegen einer Gelbfieberimpfung. Ich hatte mal eine gehabt vor exakt 20 Jahren, als ich nach Kenia in Afrika gereist bin. Aber der Impfpass liegt tief im Gepäck auf dem Motorrad vergraben. Vielleicht akzeptieren sie auch eine Kopie auf dem Handy. Als ich nach einer halben Stunde Wartezeit endlich an der Reihe bin, will die freundliche Dame von mir keinen Gelbfieberimpfnachweis sehen. Vielleicht gilt das nur für Brasilianer - umso besser. Auch für die Cedula Verde, also den Ausweis für das Motorrad, interessiert sie sich nicht. Dann halt nicht. Die Karre ist sowieso hier registriert.
Vom Grenzposten hinter der Brücke zu meinem Stammhotel in CDE, dem Hotel Austria, ist es nur ein Kilometer. Und so ist die heutige Etappe mit zehn Kilometern die bislang kürzeste. Aber gefahren bin ich jetzt wirklich genug.
Shoppen gehen kann man hier sonntags eigentlich nicht. Denn an diesem Tag ist CDE eine Geisterstadt. Alle Läden haben geschlossen und die Gehwege sind hochgeklappt. Kaum Verkehr auf den Straßen und nur wenige Passanten zu sehen. Dann vertreibe ich mir die Zeit halt in einer der wenigen, offenen Malls.
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Gefahrene Route